Mit dem Daumen im Wind

Eine Reise mit dem Rucksack durch Westeuropa T1

von Mathias Bleckmann

Es passierte im Orwell‑Jahr: 1984. Ich hatte gerade die schweißtreibende Prozedur des Abiturs mit mehr oder weniger Erfolg hinter mich gebracht  und war neugierig auf das Leben. Ich war 18 Jahre alt damals und das, was man als schüchtern bezeichnen könnte. Aber die Neugier war größer und besiegte meine Schüchternheit und ich stehe dafür ewig in ihrer Schuld.

Ich ahnte, daß da noch einige Erfahrungen zu machen waren, die nur auf mich warteten. Ich nahm also all meinen Mut zusammen und mußte als erstes  Überzeugungsarbeit bei meinen Eltern leisten. Sie waren sehr besorgt, weil man doch so viel Negatives aus aller Welt hörte. Für meine Eltern war die Welt schlecht und so mußte ich schon Durchsetzungsvermögen beweisen noch ehe ich überhaupt unterwegs war. Zunächst mußte ich das Geld für die Reise zusammen bekommen.

Ich verkaufte erst meine Enduro und dann mein Auto. Aber es reichte immer noch nicht. Ich arbeitete also für drei Monate in einer Fabrik. Die Arbeit war körperlich  sehr anstrengend und oft genug fiel ich nach zwölf Stunden Maloche nur noch müde ins Bett, um dann um 5.30 wieder zur Frühschicht aufzustehen. Manchmal überstand ich die Prozedur der täglichen Maloche nur mit dem Gedanken an die schillernde Zukunft. Die Arbeit machte mich stark, nicht nur körperlich. Sie bestärkte mich auch in dem Gedanken, daß ich später einmal keine Arbeit wie diese machen wollte.

Ich wollte mein Geld mit Köpfchen verdienen und nicht mit Schwitzen. Nach den drei Monaten „Steinbruch“ hatte ich die stolze Summe von fast 10.000 DM erarbeitet. Das mußte reichen für ein Jahr unterwegs. Das Geld bereitete mir jedoch nicht nur Freude. Irgendwie überkam  mich ein mulmiges Gefühl soviel Geld mit mir herumzuschleppen. Schließlich waren andere schon für weit weniger Geld erschlagen worden. Ich dachte also darüber nach, wie ich das Geld und mich vor derartigen Gewaltübergriffen schützen konnte.

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