Mitten im Revier.
Ein Himmel voller Tauben
und Wolken wie gemalt.
Das Brot längst flüssig
und in Dosen abgefüllt.
Von Spielverderbern
aus dem Stadion verdammt.
Wer kann sich ernsthaft
Fußball ohne Bier vorstellen?
Eine Sucht, die sucht
und ihn findet.
Nirgendswo ist er mehr
zu Hause, hat er mehr
Freunde als hier.
Eine elektrisierte Menge
von Fanatikern.
Wie ein Pulverfaß, das
jeden Moment durch
einen einzigen Funken
gezündet werden kann.
Nackte Angst, die sich
in Schlachtparolen
Platz macht.
Und dann-
Gipfel der Lust: ein Tor!
Tausendfache Freude,
die sich in der ekstatischen Menge
entlädt und Konfetti regnen läßt.
Für einen kurzen Augenblick
weit weg von schmerzhafter
Arbeitslosigkeit.
Einen winzigen Moment lang
selbst das Tor geschossen.
Idole wachsen in den Himmel.
Wer jubelt wem ?
Lang ersehnte Aufmerksamkeit
endlich genossen.
Zwei feuchte Rinnsale
aus salzigem Pils
schnell versteckt hinter
Umarmungen und Freudentänze.
Einmal Mensch sein.
Angstvoller Blick zur Uhr.
Wird es reichen?
Da passiert es.
Ein Gegentor läßt Idole
wieder zu Menschen werden.
Eben ganz normale Versager,
wie Du und ich.
Längst gelernt, mit den
täglichen Niederlagen
fertigzuwerden, oder ?
Gellende Pfiffe, die wie Pfeile
nur ein Ziel kennen.
Idole werden mit Verachtung gestraft.
Selbstverachtung.
Nur die Hoffnung
läßt ihn jeden Samstag wiederkommen.
© Mathias Bleckmann 2004
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