Eine Unebenheit im Holz

Ein Tag vor meinem 20. Geburtstag.

Ich sitze auf der Veranda,

hoch oben in den Rocky Mountains.

Von drinnen höre ich kichernde Zärtlichkeiten.

Es ist heiß.

Ein letzter Rest Wasser  aus meinem Glas

achtlos gegen das Holz gekippt.

Es entstehen Figuren.

Ein großer Punkt, von dem

zwei Tropfen ihre Streifen nach unten ziehen.

Parallel und doch uneben.

Eine schnelle Assoziation.

Der eine Streifen bin ich,

der andere muß eine Frau sein,

aber welche?

Der Tropfen trifft auf einen Kratzer im Holz,

ändert plötzlich die Richtung und vermengt sich

mit dem anderen Streifen,

mit mir.

Aus den zwei Streifen wird ein einziger.

Er verschwindet kurz aus meinem Blick.

Zwei Sekunden später wechselt erneut das Szenario.

Die Hitze läßt das Bild zerfließen.

Das Wasser löst sich auf.

Erst die zwei Parallelstreifen-

Erinnerung an die Vergangenheit

wird ausgelöscht durch erneute Vereinigung.

Nun löst sich auch der letzte Streifen auf

– das Leben ein Kommen und Gehen.

Zuletzt verschwindet der Ausgangspunkt

– Leben und Tod.

© Mathias Bleckmann 2004

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